Dem Himmel nah, dem Alltag fern

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Rundflüge für Mädchen und Jungen aus der Trauergruppe von Fidelius

Rotenburg – Sportpiloten des Bremer Vereins für Luftfahrt hatten am Samstag zum dritten Mal Mädchen und Jungen der Kindertrauergruppe des Rotenburger Hospizvereins Fidelius zu 20- und 30-minütigen Rundflügen über den Kreis Rotenburg zu Gast. Das Motto „Einmal Himmel und zurück“ war symbolisch: einem geliebten Menschen, den der Tod genommen hatte, für kurze Zeit ein kleines Stück näher zu sein.

Der Software-Verkaufsleiter Dennis Weseloh (38) aus Westerholz, seit neun Jahren Sportflieger und mit einem großen Herz für Kinder, war an Fidelius herangetreten mit dieser Idee, mit diesem Vorschlag: „Wir Sportflieger möchten den Kindern einen Nachmittag schenken, der sie für ein paar Stunden ihren Schmerz vergessen lässt.“ Der Flugtag für die Trauergruppe, zu der zur Zeit 16 Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren angehören, war „geboren“. Und ihn wird es, so Weseloh, auch weiter geben.

Der Himmel machte mit und seine Schotten dicht, auch wenn sich graue Wolken über Rotenburg wölbten. Weseloh hatte auch in diesem Jahr keine Probleme, seine Fliegerkameraden zum Mitmachen zu animieren. Gern stellten die elf Sportpiloten einen Teil ihres Wochenendes zur Verfügung. Ein außergewöhnliches Erlebnis war es für die Kinder, denn geflogen als Co-Pilot an der Seite eines Flugkapitäns war zuvor keines von ihnen.

Langsam rollten die kleinen, bunten, einmotorigen zwei- und viersitzigen Sportmaschinen eine nach der anderen auf die Startbahn und hoben ab, angetrieben von 100- bis 300-PS-Motoren. Zu ihnen gehörte der 13-jährige Abdullah aus Hellwege, der in der Maschine von Philip Stanke aus Lauenbrück saß. In 400 Metern Flughöhe mit durchschnittlich 250 Stundenkilometern, so hatte er es sich gewünscht, ging es in Richtung Sittensen.

Weseloh, der inzwischen dem Lauenbrücker Flugverein angehört, hatte den diesjährigen Flugtag für die Fidelius-Kindertrauergruppe wieder mit Joachim Sims vom Bremer Verein für Luftfahrt organisiert. Weseloh: „Unser Ziel war es, über markante Punkte zu fliegen, die die Kinder von ihrem Alltag her kennen. Zum Beispiel die Schule, das Elternhaus, die Kirche oder die Fabrik, nur eben aus einer für die Kinder völlig ungewohnten Perspektive.“

War es da für die Mädchen und Jungen nicht verständlich, dass sie ihren Eltern, Geschwistern und Freunden nach dem Aufsetzen auf dem Rollfeld und dem Öffnen der Flugzeugkanzel begeistert erzählten, wie schön und spannend sich der Kreis Rotenburg von oben präsentiert?

Die Start- und Landegebühren hatten auch in diesem Jahr die Rotenburger Stadtwerke übernommen. Außerdem wartete eine große Hüpfburg, die die Sparkasse Rotenburg Osterholz wieder zur Verfügung gestellt hatte, auf die Mädchen und Jungen zum weiteren Herumtollen.

Dennis Weseloh erklärte, weshalb er sich seit Jahren für die Trauergruppenarbeit von Fidelius einsetzt: „Ich möchte die Faszination, die ich für das Fliegen habe, auch anderen Menschen ermöglichen. Ich meine damit Kinder, die es in der Vergangenheit nicht leicht hatten.“

Inga Lohmann, Leiterin der Trauergruppe: „Wir sind von dem Engagement der Piloten begeistert. Wir freuen uns, dass uns dieses nicht alltägliche Erlebnis aus der Region geschenkt wird.“ Ihre Kollegin Raja-Maria Kazienko ergänzte: „Unser Anliegen ist, dass die Kinder einen Umgang mit der Trauer erlernen. Dabei soll die Trauer in ihr Leben integriert werden.“

Die Kindertrauergruppe trifft sich jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat in der Lindenschule der Rotenburger Werke. Ein Spektrum von Lernangeboten beschäftigt sich altersspezifisch mit den Problemen der Kinder. Weitere Infos unter 04261/209788.

Text: Wieland Bonath